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Elser, Nachträge zur Biographie

Nachtrag Nr. 24


FOCUS – EIN SCHANDBLATT

Um die wichtigsten Ergebnisse meiner Elser-Biografie zu verbreiten, bot ich dem FOCUS 1999 einen Artikel an.

Interessant, welches Milieu in diesem Blatt herrscht. Die Herren teilen ja gerne aus, nur einstecken können sie schlecht. Da sind sie DIE SCHÖNSTEN MIMOSEN.

Einer der großspurigen Redakteure darf in die Elser-Nachgeschichte eingehen. Schande seiner Erinnerung.

Im Netz stellt er sich jetzt (16. Dezember 2007) so vor:
MARKUS KRISCHER
Markus Krischer, 44, gehört zur Gründungstruppe des Nachrichtenmagazins, arbeitet im Deutschlandressort und sucht begeistert nach neuen Worten und Begriffen. Vor fünf Jahren betitulierte er den hin und wieder rabiaten Gatten der Caroline von Monaco als „Welfenstilzchen“. Diese Verbalkreation wurde damals mit dem Pons-Pons-Preis als eine der originellsten Wortschöpfungen des Jahres bedacht. (Ende Focus)

Nun mein Abenteuer:
FOCUS IRRWEG 1

Hellmut G. Haasis, Reutlingen, 15. 7. 1999
GEDÄCHTNISPROTOKOLL
Erster Anruf soeben von Focus, am Apparat der im Impressum genannte Redakteur Markus Krischer, verantwortlich für Deutschland. Tel. 089-92 50 29 81.

Er antwortet auf meinen Brief, in dem ich die Zusammenfassung meiner neuesten Elser-Forschung als Artikel anbot, in einem barschen, befehlenden Ton.

Ich soll nach München fahren und ihm alles vorlegen, was ich gefunden und geschrieben habe.

Ob ich überhaupt Historiker sei? (in einem arroganten Ton) Wie ich denn überhaupt auf so ein Thema komme? Als ich ihm zurückgebe, ich publizierte seit 1970, meine Bücher finde er allesamt in der Deutschen Bibliographie, die aktuellen im Verzeichnis lieferbaren Bücher, er könne sich selbst informieren - wich er aus.

Krischer weiter im selben nassforschen Ton, der mir den Eindruck eines ungebildeten und ungehobelten Mannes machte.
Ob ich meine angeblichen Neuentdeckungen schon einem Institut zur Begutachtung vorgelegt habe?

Meine Antwort: Dafür sei höchstens das Institut für Zeitgeschichte in München zuständig, doch bei neuen Funden sei es ja unvermeidlich, dass selbst die besten Fachleute darüber noch nichts wüssten, wie sollten die das nun begutachten?

Außerdem spielten da Neid, Missgunst, eventuell auch die Gefahr mit, dass man sich meine Ergebnisse aneigne und damit selbst herauskomme. Das sei im universitären Bereich bei Lehrstuhlinhabern üblich. Warum nicht auch in einem wissenschaftlichen Institut?

Der Ton von Herrn Krischer ist von Anfang an frostig, anmaßend, von oben herab. Krischer bezweifelt gleich, dass das, was ich über Elser Neues gefunden habe, überhaupt von Bedeutung sei.

Ich erinnere, was Focus an wilden Spekulationen des Innsbrucker Peis geschrieben habe (1995).

Krischer antwortet darauf nicht. Seine Taktik: Wenn er nicht weiter weiß, weicht er aus. Wenn er Oberwasser spürt, sucht er auf mich einzuschlagen. Ein GROBIAN.

Seine Tendenz: den Anbieter neuer Nachrichten herunterzumachen, noch bevor man überhaupt etwas von dessen Ergebnissen weiß.

Mein Einwand: Ich publiziere seit bald 30 Jahren historische Themen, es sei absolut unüblich, ja geradezu unmöglich, darüber Gutachten zu bestellen. Wer soll die Kosten tragen?

Keine Antwort.

Herr Krischer machte mir den Eindruck eines forschen Redakteurs, der im Stil des modernen Managements Anbieter zuerst einmal zur Schnecke machen will, damit sie nachher sehr demütig daherkommen und, wenn man ihre Ware will, möglichst wenig verlangen.

Am Ende erteilte er mir folgende Aufträge:
1. Wenn ich Interesse habe, soll ich vorbeikommen und mein Material ihm unterbreiten. (Er will meine gesamten Elser-Dokumente sehen.)

2. Zuerst soll ich aber eine Institution meine Funde prüfen lassen. (Welche, sagt er mir nicht, er kennt keines.)

Ich gewinne den Eindruck, an einen AUSGEWACHSENEN DUMMKOPF geraten zu sein. Was mich bei diesem Blatt nicht wundert.

FOCUS IRRWEG 2
Darauf schickte ich Herrn Krischer folgenden Artikel, der natürlich nie erschien.

GEORG ELSERS MÖRDER GEFUNDEN
(27. 7. 1999)

Ein Sprengstoffattentat zerstörte am 8. November 1939 um 21.20 Uhr den Saal des Münchner Bürgerbräus. 13 Minuten vorher hatte Hitler den Raum verlassen, nach seiner Rede zum Jahrestag des Naziputsches von 1923. Der Diktator war nicht gewarnt worden, wie jahrelang geflunkert wurde, er wollte nur seinen um 21.31 Uhr nach Berlin abfahrenden Sonderzug erreichen.

Der Attentäter Georg Elser, ein Schreiner aus dem württembergischen Königsbronn bei Heidenheim, wurde am selben Tag um 20.43 Uhr in Konstanz an der Schweizer Grenze festgenommen. Die Gerüchteküche spekulierte: das Attentat sei ein abgekartetes Spiel der Nazi-Führung gewesen.

Dieses Märchen verbreitete seit 1946 Pastor Martin Niemöller, bis Kriegsende war er wie Elser persönlicher Gefangener Hitlers im KZ Dachau gewesen.

Diese Erfindung und andere Legenden um das Bürgerbräuattentat sind schon lange widerlegt – aber werden trotzdem endlos oft wiederholt. 1970 wurde Elsers Gestapo-Verhörprotokoll gedruckt und seitdem von allen Experten als echt beurteilt.

Nicht gefunden wurde jedoch der SS-Mann, der am 9. April 1945 Elser auf direkten Befehl Hitlers umgebracht hat.

Elser befand sich ab 1941 im KZ Sachsenhausen (bei Berlin), im Zellenbau, einem Gefängnistrakt. Im Februar 1945 wurde er nach Dachau verlegt und erhielt auch hier besseres Essen und eine größere Zelle mit einer Hobelbank. Ständig befanden sich zwei SS-Wachen in seiner Zelle, eine weitere saß vor der Tür.

Hitler wollte jeden Kontakt zu dem Attentäter unterbinden und ihn für einen Schauprozess nach dem Krieg gegen England aufbewahren. Er blieb starrköpfig bei der Meinung, der englische Geheimdienst stecke hinter dem Attentat.

Den Mordbefehl der Gestapozentrale brachte am 9. April 1945 gegen 22 Uhr ein SS-Mann aus Berlin nach Dachau. Der Kommandant rief im Zellenbau an: "Eller zum Verhör!". Um Elsers Identität zu verschleiern, hatte die Gestapo dem Häftling in Dachau den Decknamen 'Eller' gegeben.

Seinem Zellennachbarn Dr. Lothar Rohde warf Elser einen Blick zu, der diesem sagte: Elser ahnt sein Ende. Der Todeskandidat wurde durch das Lager geführt, am elektrischen Zaun vorbei und über den Umgrenzungsbach durch eine kleine Pforte zum Krematorium.

Es war Nacht, Verdunkelung herrschte, nur an dem Pförtchen brannte Licht.

In der Todeszone Krematorium durften sich keine Zeugen aufhalten. Einzige Ausnahme: das achtköpfige Häftlingskommando, das die Leichen in die Öfen zu schieben hatte. Nur aus diesem kleinen Kreis konnten zuverlässige Zeugenaussagen über Elsers Ende kommen.

Die Gefangenen des Zellenbaus waren sich sicher, wer der Mörder war. Dr. Rohde gab 1951 dem Münchner Untersuchungsrichter Dr. Nikolaus Naaff an, wovon alle Zellenhäftlinge überzeugt waren:

"Als Täter wurde der Verwalter des Krematoriums Bongartz genannt. Dieser war auch der Mörder des Dr. Rascher, den er in seiner Zelle niedergeschossen hat. Bongartz war wegen der zahlreichen Morde, die er begangen hat, äußerst gefürchtet und sind die Häftlinge schon bei Nennung seines Namens erblasst."

Der Untersuchungsrichter Dr. Naaff am Landgericht München II ermittelte mit seltenem Eifer die Umstände von Elsers Tod. Seine Akten schlummern heute im Staatsarchiv München. Fünf dicke Bände, die bisher von der Forschung nicht herangezogen wurden.

Dr. Naaff konnte noch drei Häftlinge auffinden, die zur fraglichen Zeit am Krematorium eingesetzt waren.

Zum Tatort war am 9. April 1945 als erster der Häftlingskapo Emil Mahl aus Karlsruhe gekommen. Am Spätabend hatte ihm der SS-Oberscharführer Theodor Heinrich Bongartz befohlen, das Zimmer im Krematorium nicht zu verlassen, sondern zu warten, bis Schüsse zu hören seien. Dann solle er mit zwei Häftlingen eine Tragbahre nehmen und herauseilen.

Zwischen 22 und 23 Uhr gab es einen Schuss. Mahl rief die Häftlinge August Ziegler und Franz Geiger und ging ihnen voraus zu dem aus der Dunkelheit rufenden Bongartz, der mit einer Taschenlampe seinen Standort markierte.

Mahl sah, wie soeben drei SS-Leute durch die kleine Pforte ins Lager zurückgingen. Diese drei müssen entsprechend der Dienstordnung der Lagerführer Friedrich Ruppert, der Lagerarzt Dr. Hans Eisele und der Rapportführer Franz Böttger gewesen sein. Sie hatten bei einer Hinrichtung als Zeugen dabei zu sein. Dieses Kleeblatt wurde von den Amerikanern Ende 1945 hingerichtet.

Emil Mahl, Henker am Krematorium, kannte Bongartz bestens und gab 1951 zu Protokoll:

"Bongartz hat, wie ich aus meiner Tätigkeit als Kapo mit ruhigem Gewissen und mit aller Bestimmtheit behaupten kann, alle derartigen Morde im Gelände des Krematoriums persönlich begangen. Er hat viele Verbrechen auf dem Gewissen und war in meinen Augen ein ganz gewissenloser Verbrecher."

Mahl erinnerte sich, dass der von Bongartz Hingerichtete einen Genickschuss aufwies und beim Eintreffen der Häftlinge schon tot war. Ein 'Gnadenschuss' war entbehrlich.

Als nächster Zeuge wurde Ziegler vernommen. Er hatte zur Tatzeit schon geschlafen, wurde von Mahl geweckt, packte mit Geiger eine Tragbahre und eilte ohne Schuhe und Jacke hinaus.

Ziegler:
"Wir kamen zu dem Rondell [vor dem Krematorium] und sah ich dort den SS-Oberschar-führer Bongartz mit den Händen in den Taschen. Neben ihm lag eine Leiche, meines Erinnerns auf dem Rücken. In diesem Moment wurde ich mir bewusst, warum wir gerufen worden sind, nämlich weil dieser Mann umgelegt worden war. Bongartz sagte uns, los macht schnell, nehmt sie [die Leiche] mit hinein. Damit meinte er, dass wir die Leiche rasch ins Krematorium schaffen sollen. Da Bongartz allein am Platz war und ich niemanden sonst sehen konnte, bin ich der Überzeugung, dass Bongartz den Mann erschossen hatte, die Leiche war nämlich noch ganz frisch und das Blut noch nicht geronnen, wodurch ich mir beim Transport meine Hose beschmierte und die Hände."

Den Erschossenen kannte damals niemand mit Namen. Erst durch die Vorlage eines Fotos und durch die Aussage anderer Häftlinge stellte sich heraus, dass an diesem Tag nur Georg Elser zur Erschießung hinausgebracht worden war.

Bongartz' Hinrichtungsmethode konnten Ziegler und Geiger beim nächsten Fall beobachten, nun aus der Nähe und bei Tageslicht.

Der französische Resistance-General Charles Delestraint wurde am 19. April 1945 um 11 Uhr zum Krematorium gerufen: Er werde entlassen. Als Delestraint voller Hoffnung zum Neuen Krematorium ging, schlich sich Bongartz aus dem Alten Krematorium, in dem er sich versteckt hatte, auf Turnschuhen hinterher.

Ziegler:
"Er [Delestraint] hatte nur wenige Schritte getan, als Bongartz seine Schusswaffe zog und von hinten den Mann niederschoss. Ich habe diesen Vorfall auf eine Entfernung von ca. 10 Schritten gesehen. Der Angeschossene stürzte kopfüber zu Boden und blieb am Gesicht liegen. Bongartz befahl uns, den Mann zu nehmen und ins Krematorium zu tragen. Wir schafften ihn in den Ofenraum, wo ich feststellte, dass der Mann noch lebte. Ich machte den Bongartz darauf aufmerksam, worauf dieser ihm den Gnadenschuss gab."

Nachdem Elsers Mörder feststand, wollte Dr. Naaff ihn dingfest machen. Ein Dachauer Polizist lieferte ihm eine Personenbeschreibung:

"Etwa 1,73 m groß, Gestalt schwächlich, auffallend gerade Haltung, schwarze Haare, linke Seite Scheitel, blasses Aussehen, Gesicht oval, starke schwarze Augenbrauen, leicht vorstehende Backenknochen, kein Schnurrbartträger, kein Brillenträger, besondere Merkmale: auffallend gerade Haltung und Gangwerk."

In der Einwohnerkartei der Gemeinde Dachau trägt Bongartz' Karte auf der Rückseite den Nachtrag:
"gottläubig, Maschinist, geb. 25. 12. 02 in Krefeld, zur Zeit Waffen-SS, gest. 15. 5. 1945 in Heilbronn-Böckingen im Kriegsgefangenenlager."

Der Todesmeldung traute Dr. Naaff lange nicht. Gesuchte Nazimörder fälschten zu oft Todesmeldungen, um unbehelligt zu bleiben, bis die Verfolgungsbehörden einschliefen. Polizeiliche Kontrollen bei Frau Bongartz in Dachau bestätigten aber immer wieder, dass ihr Mann nicht heimgekommen war.

So beantragte 1954 der Oberstaatsanwalt am Landgericht München II, das Verfahren gegen den einzigen möglichen Helfer bei Elsers Ermordung, den SS-Mann Edgar Stiller, einzustellen. Dabei stellte er abschließend fest:

"Nach den Ermittlungen ist Georg Elser offenbar am 8. 4. 1945 im Konzentrationslager Dachau erschossen worden und zwar durch den Verwalter des Krematoriums, SS-Oberscharführer Bongartz."

Einziger Irrtum: Elser starb am 9. April.

Das Stadtarchiv Heilbronn besitzt eine Totenliste für das Gräberfeld der Kriegsopfer auf dem Neuen Friedhof Böckingen, Heidelbergerstraße. Bongartz' Grab liegt in der Reihe 17 Nr. 6.

Das Feld existiert noch, es wird von der Stadt gepflegt. Die Grabplatten, mit Bodendeckern überwuchert, sind erneuert. Auf kurzen Betonsockeln kleine Keramikplatten, die man erst lesen kann, wenn man das Gestrüpp entfernt.

Bongartz' Grab ist leicht zu finden: in der Abteilung 19. Auf der Grabplatte schlich sich ein kleiner Fehler ein: der Name ist am Ende mit s statt mit z geschrieben.

Als Todesursache wurde in der Sterbemeldung Lungentuberkulose eingetragen. Eine Beoachtung des SS-Mannes Franz Lechner, der in Dachau bis zuletzt Georg Elser bewacht hatte, macht eine andere Todesursache wahrscheinlicher.

Nach Lechner war Bongartz gegen Kriegsende "ganz gelb im Gesicht und sah fürchterlich aus". Vermutlich starb Bongartz an Hepatitis oder Leberzirrhose. In Dachau war er als Säufer bekannt.

Der Lebenslauf des Mörders rundet sich ab durch die Personalakte im Archiv des SS-Rasse- und Siedlungshauptamtes. Hier liegen Bongartz' handschriftlicher Lebenslauf, Porträtfotos in SS-Uniform und sein Wehrstammbuch.

Bongartz besuchte acht Jahre die Volksschule von Krefeld, lernte Stuckateur, arbeitete in einem Baugeschäft und bestand 1928 die Meisterprüfung. Mit 20 Jahren heiratete er, seine Frau starb 1941, als Ursachen nannte er "Herzkrankheit" und "Schwermut". Mit diesem Mann hatte sie ein böses Los gezogen.

1928 trat Bongartz in die SA ein, 1932 in die SS und unter der Nummer 1.270.287 in die NSDAP. Dank einer "Landesaktion für die Alten Kämpfer" bekam er 1937 eine "Umschulung als Heizer und Maschinist zur Wehrmacht bei der Heeresstandortkommandantur" Krefeld.

Im November 1939 schickte man ihn zur 7. Totenkopf-Standarte nach Brünn (Mähren), 1940 nach Dachau zum "Kommandantur-Stab" des KZs, in das SS-Wachbataillon. Dort brachte er es zu einem allseits gefürchteten Pistolenschützen. Selbst SS-Männer schreckten vor ihm zurück. Seine 8 mm-Pistole saß locker.

Bongartz hatte vier Töchter, die 1941 mit nach Dachau in die SS-Wohnung zogen. Adresse: Schleißheimer Straße 121.

1943 erhielt er für seine Dachauer Morde das Kriegsverdienstkreuz II. Klasse. 1944 wurde er zum SS-Oberscharführer befördert.

Als Bongartz den Befehl bekam, Elser umzulegen, erfüllte er sofort den Auftrag. Die amerikanische Artillerie rückte jeden Tag hörbar näher.

Ende April 1945 schickte der Lagerkommandant Tausende von Häftlingen auf die Todesmärsche, am 28. April setzte sich die SS ab. Vorher bekamen die SS-Männer neue Wehrmachtsuniformen, Wehrpässe und Rucksäcke, um sich als gewöhnliche Soldaten zu tarnen.

Bongartz zog mit dem Krematoriumskommando aus und verdrückte sich unterwegs. Er wollte sich an den Niederrhein durchschlagen. In Württemberg erwischte ihn eine amerikanische Miliärpatrouille und steckte ihn ins Kriegsgefangenenlager Heilbronn-Böckingen.

Schwerkrank muss Bongartz dort angekommen sein, die Amerikaner entdeckten seine SS-Tätowierung noch nicht. So wurde er nach seinem baldigen Tod neben Hunderten anderer Soldaten als Oberfeldwebel der Wehrmacht in die Erde gelegt.

Georg Elser, Hitlers gefährlichster Gegner, fand kein Grab, seine Leiche endete im Ofen des Dachauer Krematoriums. Sein Mörder dagegen erhielt ein Ehrengrab, das die Stadt Heilbronn seit mehr als fünf Jahrzehnten pflegt, ohne von der Bedeutung des Toten etwas zu ahnen.
Hellmut G. Haasis

Quellen (nicht abdrucken, nur Nachweise)
- Bayerisches Staatsarchiv München, NSG 25/1-5 (die Akten des Untersuchungsrichter Dr. Naaff 1950-54)
- Institut für Zeitgeschichte München, ZS/A-17/1-5
- Bundesarchiv Berlin, SS-Rasse- und Siedlungshauptamt, Personalakte Theodor Bongartz
- Stadtarchiv Heilbronn, Böckingen Ord. 7

FOCUS IRRWEG 3
Hellmut G. Haasis, Reutlingen 29. 7. 1999
GEDÄCHTNISPROTOKOLL
Mein Anruf heute bei Focus, Markus Krischer, auf sein Fax von gestern.

Zuerst zähle ich ihm das Neue auf, nach den Stichworten, die ich auf sein Fax machte. Er setzt immer Fragezeichen, wo er nur kann.

Dann lässt er sich aus der Literatur erzählen, meine neuen Archivfunde darstellen, wozu er natürlich nichts sagen kann.

Ich räume ein, dass der Name des Mörders schon mal genannt worden sein kann, weil unter den Häftlingen des Zellenbaus der Name des Mörders umging, aber es war niemand dabei und die Akten hat niemand publiziert. Die Zeugenvernehmungen von 1950/51 seien nicht bekannt.

Krischer verspricht, er werde sich erst mal selbst kundig machen. Der Ton ist nicht mehr ganz so hochnäsig, aber noch recht unwillig. Der Redakteur hat keine richtige Lust zu dem Thema. Sagt aber nicht warum.

FOCUS IRRWEG 4
Hellmut G. Haasis, Reutlingen 30. 7. 1999

GEDÄCHTNISPROTOKOLL
Anruf soeben von Focus, Markus Krischer, auf mein Gespräch von gestern.

Gleich in einem triumphalen Ton. Er habe soeben in der Süddeutschen Zeitung nachgeschaut und gleich 1997 einen Artikel von Richardi gefunden über Elser, darin werde Theodor Bongartz knapp als Mörder genannt. Eine ganz kurze Stelle.

Mein Einwand: das könne ja nach Erinnerungen von Häftlingen sein. Ich dagegen hätte die SS-Akte des Mörders gefunden, Porträtfotos von ihm, seinen Lebenslauf und Wehrpass, ich hätte seine Biografie zusammengestellt.

Krischer immer mehr von oben herab: Das sei eben ein normales SS-Schwein gewesen, das sich nie ein Gewissen machte bei seinen Morden. Das sei nichts Neues. Woran der gestorben sei, sei unwichtig. Ganz egal auch, in welchem Kaff er gestorben und begraben sei.

Der Fall von Elsers Mörder sei ausrecherchiert. Kein Interesse.


Theodor Bongartz, Dachau 1941, Elsers Mörder, gest. 15. April 1945 im Kriegsgefangenenlager Heilbronn-Böckingen

 

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