LOB DER DUMMHEIT
Nr. 4
Shakespeare – wieder eine gemähte Wiese
der politologe ekkehard krippendorf endet in einem bandwurmsatz
der verdiente politologe EKKEHARD KRIPPENDORF (geb. 1934) tummelt sich seit langem bei shakespeare. er folgt einem einfachen prinzip: berühmtheiten hinterherschreiben.
mir kommt das so vor, wie wenn einer GEMÄHTE WIESEN betritt, die leicht zu finden sind und nichts wichtiges mehr hergeben. hier wurde schon zu oft gemäht.
bevor ich den ekkehard in meinen himmel der BELACHENSWERTEN ZEITGENOSSEN hochhebe, soll er uns knapp in seine politische biografie einführen:
Mein Weg nach „68“
Obwohl mir das Etikett des Achtundsechzigers immer wieder angehängt wird, bin ich keiner: Als Jahrgang 34 war ich 1968 bereits kein Student mehr, vielmehr bereits Assistent im Fachbereich Politikwissenschaft der Freien Universität Berlin. Wir waren damals ganze drei Assistenten des gesamten Lehrkörpers der FU, die sich – von einigen wenigen sympathisierenden Professoren abgesehen - mit der Sache der politisierten Studentenschaft solidarisierten und darum von der Springer-Presse häufig als geheime Drahtzieher ausgemacht wurden: Johannes Agnoli, Klaus Meschkat und ich. Es ist kein Zufall, dass keiner von uns später auf die Abwege der pseudo-revolutionären Sektiererei geriet und wir darum, im Unterschied zu vielen aktivistischen Jüngeren, keine Renegaten wurden, die sich heute ihrer Vergangenheit schämen und das als Kritiker von 68 lauthals kompensieren; manche haben in dieser Rolle eine intellektuell bescheidene publizistische Identität gefunden. Mein 68 ist das Jahr 1965, oder noch weiter zurück das Jahr 1963. Und das kam so….. (usw. hier weiterlesen, lohnt sich durchaus)
HYPERLINK "http://userpage.fu-berlin.de/~kpdff/texte/mein_weg_68.html" http://userpage.fu-berlin.de/~kpdff/texte/mein_weg_68.html
so weit, so recht gut.
aber soeben stolpere ich in der süddeutschen zeitung darüber, wie ekkehard krippendorf sich in den labyrinthen um shakespeare verirrt. es geht drum, zum 204. mal, wer shakespeares texte geschrieben habe, wenn der autor selbst eine so magere bildung genossen hatte und sonst nie bezeugt ist.
Max Ernst's unbekannte Schülerin
in einer Körperbehinderten Schule
Bayerns (Süddeutsche Zeitung 9./10. 1. 2010)
zweifelsfrei sei, dass einer namens shakespeare existiert habe. ob er aber die anspruchsvollen theatertexte auch geschrieben habe? krippendorf wird von der WUCHT DES ZWEIFELS umgehauen, was sich niederschlägt in der VERWÜSTUNG SEINER SPRACHE: mitten drin stolpern wir über einen einzigen unentwirrbaren BANDWURM.
„Aber dass der Sohn eines Handschuhmachers aus kleinen dörflichen Verhältnissen mit bescheidener Schulbildung bis zum zwölften Lebensjahr in London zu einem schon zu Lebzeiten vielgespielten und dann auch gedruckten Dichter und Dramatiker wurde, ohne dass die schreib- und klatschsüchtige zeitgenössische Gesellschaft mit ihren zahlreichen literarischen Zirkeln auf diesen Autor aufmerksam wurde, von dem es nicht ein authentisches schriftliches Zeugnis gibt, dessen Töchter Analphabeten waren und der als einzigen Wertgegenstand seiner Frau ein Bett testamentarisch hinterließ, ohne auch nur ein Wort zu verlieren über die Rechte an seinen bereits publizierten ersten Stücken oder die Bücher seiner Bibliothek, dessen Tod im Unterschied zu dem seiner zahlreichen Dichterkollegen auch nicht durch einen einzigen Nachruf gewürdigt wurde, so als hätte es ihn nie gegeben – das alles und viel mehr (bzw. viel mehr ist von diesem William Shakespeare gar nicht bekannt) macht die Zuschreibung der (mindestens) siebenunddreißig Stücke, der Sonette und Gedichte höchst problematisch.“
(Süddeutsche Zeitung, Nr. 3/2010, 5./6. Januar 2010, S.14)
nein nein, sapperlot, mindestens genauso „problematisch“ ist, wenn sich ein autor sein hirn so verkleistern lässt, dass die klarheit ihn flieht. die vielen einschübe inmitten des WURMSATZES offenbart vollends die verwirrtheit.
hellmut g. haasis
januar 2010