MINISTERIUM FÜR STAATSSICHERHEIT
In dieser ominösen Einrichtung, die sich zur Zeit des Kalten Krieges jedes Jahr ausdehnte, wurde 1964 Elser „entdeckt“: in den Erinnerungen des Lagerhenkers von Sachsenhausen, Paul Sakowski.
Eine Kopie dieser Erinnerungen kam ins Archiv des KZ Sachsenhausen, wurde dort aber später vernichtet: auf Befehl von oben.
Die Spuren des ängstlichen Eingriffes konnten die Dilettanten freilich nicht völlig verwischen.
Eine Kopie der Erinnerungen blieb im Stasi-Archiv erhalten, wurde aber nach Einspruch Kohls gegen die Offenlegung seiner Akten wieder gesperrt. Ich bekam knapp vorher noch eine Kopie der Seiten, die Elser betreffen.
Inzwischen sind diese Papiere wieder frei.
Hier das Elser-Stück aus den Erinnerungen von Sakowski, geschrieben in DDR-Haft und unter Kontrolle der Staatssicherheit:
„Aus eigenen Beobachtungen und von Gesprächen der Gestapo, SS und Elser habe ich über die Person Elsers folgende Kenntnis. Georg Elser war in seiner Jugend in der Fürsorge-Erziehungs-Anstalt Groß-Rosen. Dort erlernte er auch das Tischlerhandwerk. Er war zu der Zeit, als ich ihn kennenlernte, etwa 30-35 Jahre alt. Er war wegen kriminellen Delikten vorbestraft. Wie die Verbindung zum „Ministerium Göring“ zustande kam, weiß ich nicht. Dass er aber von dieser Stelle den Auftrag zum Attentat bekam, entnahm ich einer Äußerung, die er gelegentlich zu einem von der Gestapo machte........ Der Umgang zwischen der Gestapo und Elser war merkwürdig kameradschaftlich. So wurde Elser von der Gestapo und auch von der SS mit du angesprochen, außerdem wurde er nur Schorsch genannt. ....... In Workuta (sowjetisches Arbeitslager in Sibirien, wo Sakowski später in Arbeitshaft war; HGH) fragte ich Eccarius (Chef des Zellenbaus; HGH) nach dem Verbleib von Elser. Eccarius sagte mir einmal, er hätte Elser nach Ravensbrück gebracht, ein anderes Mal sagte er mir, man hätte Elser frei gelassen. (?)“ (Fragezeichen durch Sakowski selbst, Worte in Klammern von Haasis)
Sakowski ist ein gutes Beispiel dafür, wie vorsichtig man mündliche Überlieferungen in einer geistig verseuchten Gegend wie einem KZ bewerten sollte. Nichts stimmt von all dem, was Sakowski niederschrieb. Wenigstens gibt der ehemalige Lagerhenker zu, dass er seine Kenntnisse nur von der SS bezog. Ein wenig scheint auch Niemöller durchzublicken, der sich ebenfalls am Du und am schwäbischen Vornamen Schorsch störte.
Ein Volltreffer der Dummheit, denn die SS duzte grundsätzlich jeden Häftling, wenigstens die einfacheren Leute, zu denen sie Elser rechnete. Beim feinen Herr Pastor Niemöller wählte sie natürlich das SIE.
Im Jahr 1979 legte die Stasi eine eigene Akte Elser an. Warum? Ein Agent hatte nach Ostberlin in die Normannenstraße (so hieß die ominöse, in bestimmten Kreisen gefürchtete Adresse) einen Zeitungsartikel aus der Frankfurter Rundschau geschickt, worin eine Gedenkveranstaltung von Heidenheim gemeldet wurde.
SEHR BEDÖNKLICH!!
Eigentlich müssten jetzt die gehoimön Verbindungen von Heidenheim zur Staatssicherheit untersucht werden. Ja, das waren noch Zeiten, als man in Heuhaufen Stecknadeln suchte. Ein Heer von Verfassungsschützern und sonstigen staatlichen Trülern fummelte da rum. Das waren Zeiten: DIE SIEBZIGER. Weltbild rechtwinklig, wohlgeordnet, einfältig, aber effektiv. Und der deutsche Mainstream fuhr fröhlich darauf ab.
Die Stasi-Akte ziert eine Arbeitsanweisung, die man sich mehrmals auf der Zunge zergehen lassen sollte:
„Operative Auskunft vor unbefugter Einsichtnahme sichern“.
Dann wird ein „Suchauftrag“ erteil. Gesucht wird Georg Elser, ab dem 19. November 1979.
„Hinweise zur Überprüfung: soll Attentat auf Hitler ausgeführt haben.“
Das betrübliche Ergebnis der Operation: nichts zu finden.
Die Folge: Bis zum Ende der DDR durfte die antifaschistische Literatur der DDR nichts über Elser melden. Die Antifaschisten sowjetischer Abhängigkeit hielten sich daran, folgsam wie gut gezogene Hunde, Knechte, Hörige, Sklaven.