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Elser, Nachträge zur Biographie

Nachtrag Nr. 8

Zu den letzten einstigen Häftlingen in der Gestapo-Zentrale, die spät noch befragt wurden, gehörte Prof. Heinrich Scheel, der große Historiker des deutschen Jakobinismus, wohnhaft in Ostberlin. Geb. 1915 in Berlin.

Bei seinen Verhören durch die Gestapo ging es um Leben und Tod. Der Kommunist hatte an der Widerstandsarbeit der Roten Kapelle mitgewirkt. Durch geschickte Verhörführung kam er mit dem Leben davon.

1987schilderte er den Verhörraum und die Taktik. Bei Elser, einem prominenten Häftlingen unter der Aufsicht von Hitler, ging es sicher nicht ganz so zu, aber dieses Zeugnis mag Ähnliches aufweisen, wie es Elser passierte.

Scheel wurde durch einen Seiteneingang eingeliefert.

„Ich wurde sofort, von beiden begleitet, mit dem Fahrstuhl, der allerdins nur einen Begleiter aufnahm – so eine Nasenquetsche -, hochgebracht in irgendein höheres Stockwerk. Ich kann nicht sagen, ob es das Dachgeschoss oder das vierte Geschoss war, auf jeden Fall ein höheres Stockwerk. Ich wurde hochgehievt und in einen Raum geführt, in dem sich eine Sekretärin befand und die beiden Kriminalkommissare, die mich begleitet hatten, Platz nahmen.

Und dann begann das Verhör, ungefähr von 9.00 Uhr früh mit kurzen Unterbrechungen bis etwa Mitternacht. Es gab auch mal ´ne Tasse Kaffee, und es gab auch etwas zu essen. Aber alles in demselben Raum. Der Raum war hoch, aber klein. Ich hatte das Gefühl, als ob – und das spricht also für ein hohes Stockwerk – einige Wände schräg verliefen, zumindest zunächst schräg und dann nachher senkrecht. Es erinnerte an eine Art Mansardenzimmer. Aber es waren keine Mansardenfenster in dem Sinne, dass das einzelne Fenster in eine Tiefe hineinging. Dort wurde ich also vernommen (.....)

Die Vernehmung erfolgte in der Weise, dass der Kommissar der Sekretärin Aussagen von mir in die Maschine diktierte, bei denen ich aufpassenn musste wie ein Schießhund, dass er nicht Dinge hineinformulierte, die ich nicht zugegeben hatte.

Ich bin also erstmal bis zu dieser Vernehmung keinen Schlägertypen begegnet, wie sie charakterstisch sind für die Jahre 1933 und 1934, vielleicht auch noch 1935. Sondern ich bin exzellenten Polizeihirnen begegnet, die ihr Geschäft verstanden, die zu vernehmen verstanden; die alle, aber auch alle Tricks der Vernehmungskunst kannten; die auch Psychologen waren, geschulte Psychologen, aber Polizeihirne, die wussten, was es bewirkt, wenn man kleine Versprechungen macht, wenn man mal lobt, wenn man mal droht, und insbesondere uns schlug man nicht tot, weil diese Leute wussten, aus Toten kriegt man nichts mehr heraus, sondern nur aus Lebendigen. Und am meisten bringt man aus denen heraus, die reinfallen auf den freundlichen Ton. Dann kommt das meiste zutage, wenn sie in ihrer Angst Vertrauen fassen.

Eine solche Vernehmung habe ich erlebt. Dann wurde ich wiederum zu dem Fahrstuhl gebracht. In dieser zeit öffnete sich mal eine Nachbartür zu einem anderen Zimmer; und dort sah ich die Hanni Weißensteiner, die Frau eines guten Freundes und Mitstreiters von uns, weinend am Tisch sitzen.

Ich wusste also, aha, den Richard Weißensteiner hat man also auch. Sonst bin ich an diesem Tage niemandem begegnet und wurde, als man die Vernehmung für diesen Tag abschloss, in den Keller gebracht.“

(In der Gestapo-Zentrale Prinz-Albrecht-Straße 8. Berichte ehemaliger Häftlinge. Eine Dokumentation der Evang. Akademie Berlin (West), Berlin 1987, S. 74-75)

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